September 1914: Kämpfe auf dem Victoria-See

Bericht über das  bei  Karungu (Britisch-Ostafrika) stattgehabte Gefecht am 15. September 1914

(Karungu liegt auf einer felsigen Halbinsel an dem Ostufer des Viktoria-Sees).

Führer: Leutnant von Gynz-Rekowski.
Gegner: Englischer Hilfskreuzer „Sybil“ (500 ts) mit 2—3 Geschützen. Besatzung cn. 15D indische Soldaten.
Expeditionsbefehl:
„Suchen Sie mit Hilfskreuzer „Muansa“ das Vorgehen des Detachements v. Hock über die englische Grenze vom See aus zu unterstützen.- gez. Braunschweig. Hauptmann und Befehlshaber der Streitkräfte am Victoriasee.
Truppeneititeilung:
Hilfskreuzer „Muansa“ (ca. 60 tons) bestückt mit
1             6 cm-Schnellladekanone.
1             Revolverkanone Cal. 3,7 cm,
1             Schnelladekanone Cal. 3.7 cm.
1             Maschinengewehr.
Besatzung: 10 Europäer, 11 Askari der 11. Feldkompagnie.
gez. von Gynz-Rekowski, Leutnant und Führer des Hilfskreuzers „Muansa“.

Der Hilfskreuzer „Muansa“ traf am 13. September um 1 Uhr nachm. in Karungu ein, stellte fest, dass Karungu unbesetzt sei und fuhr nach Schirati zurück. Die „Muansa“ fuhr am 1-1. September 6.30 abends aus Schirati Richtung Karungu ab, wo sie 7.30 abends eintraf. Die 6,5 Schnelladekanone und das Maschinengewehr wurden sofort an Land und in Stellung gebracht.
Am 15. September von 6.00 vorm, ab wurden Deckungen für Geschütz. Maschinengewehr und Schützen ausgehoben und alles gut verkleidet.
Ich mutmasste, dass die Engländer auf die Nachricht des Vorstosses des Detachements von Bock hin versuchen würden, in Karungu Truppen zu langen, um Flanke und Rücken des Detachements zu bedrohen.
Der Hilfskreuzer „Muansa“ mit einer 3,7 cm Revolverkanone und einer 3,7 cm Geschützkanone wurde in den Ostteil der Karungubucht unter Art. Maat d. R. Jaquet entsandt mit dem Auftrag, nach eigenem
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Ermessen in einen eventuellen Kampf einzugreifen. 12.50 nachm, meldete ein Posten die Ankunft eines englischen Dampfers. Der Dampfer, welcher nun als die „Sybil“ (500 B. R. T.) erkannt wurde, lief gegen 2.30 nachm, um die Landzunge Karungu herum und hielt auf den Zoll zu. Kurz darauf muss er die „Muansa“ gesehen haben, weshalb er beidrehte und mit Volldampf auf unseren Hilfskreuzer zulief.


Diesen Moment hielt ich für die Eröffnung des Feuers für geeignet und gab den verabredeten Signalschuss ab. Das Feuer wurde mit dem Maschinengewehr auf 1200 m eröffnet, Kanonen und Schützen mit Visier 1100 m. Die Askari waren mit den modernen Gewehren der Europäer bewaffnet, soweit diese frei waren.
Die gute Wirkung war genau zu beobachten. Der Dampfer war stark besetzt, die dortigen indischen Askari standen dicht gedrängt. Die angenommene Mindestzahl betrug 150 Mann. Nach den ersten Schüssen entstand eine grosse Verwirrung an Bord. Die Leute drängten nach den unteren Schiffsräumen zu. Es liess sich besonders gut die Wirkung von Maschinengewehr und Geschütz beobachten. Diese muss gross gewesen sein. Während das Maschinengewehr das Oberdeck schnell säuberte, wurden von dem Geschütz folgende Volltreffer beobachtet:
1. ein Schuss am Bug.
2. ein Schuss in die Nähe des Maschinenraumes (Ausströmen einer grossen, weissen Rauchwolke).
3. ein Schuss in die Rauchkammer des Schiffes,
4. ein Schuss Achterdeck.
Auch bei den verschossenen Schrapnells waren gute Schüsse beobachtet. Die Annahme guter Resultate scheint deshalb berechtigt, weil um etwa 3. 40 nachm, das Geschützfeuer des Dampfers verstummte und der Dampfer selbst stark nach rechts überhing. Die Engländer antworteten mit Granat- und Kleingewehrfeuer, was infolge unserer guten Deckungen keine Wirkung hatte.


Um diese Zeit griff auch die „Muansa“ mit Revolverkanone und 3.7 Schnelladekanone in das Gefecht ein.  „Sybil“ drehte darauf kurz um und fuhr mit nur drei Meilen Fahrt und Schlagseite nach rechts aus dem Hafen hinaus.
Nun wurde das Geschütz an die äusserste Landzunge der Halbinsel gebracht und feuerte bis auf eine Entfernung von 4000 m. Wirkung war hier nicht mehr zu erkennen. Noch um 5.30 nachm, war die „Sybil“ nicht weiter als 8000 m von Land ab, woraus zu schliessen ist, dass sie keine flotte Fahrt mehr machen konnte.
Die „Muansa“ konnte eine Verfolgung des schwer beschädigten englisches Schiffes nicht aufnehmen, da die 3,7 cm Revolverkanone fast alle Munition verschossen hatte und auf etwa 12 Meilen sich im Norden ein zweiter englischer Dampfer näherte.

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Schwer verwundet wurde ein Askari. (Schuss durch beide Unterschenkel). Sonst keine Verluste.
Besondere Wirkung war von der G.5 Schnelladekanone und dem Maschinengewehr erzielt worden. Im Übrigen war der Erfolg in dem guten Zusammenarbeiten der Besatzung der „Muansa“, einschliesslich des Sol Abdalla Amini, zu danken.
Um 5.15 nachm. entschloss ich mich nach Anbordnahme von Geschützen und Maschinengewehr nach Muansa zu fahren, wo der Hilfskreuzer „Muansa“ am 16. September 9.00 vorm, eintraf. ohne vom Gegner belästigt zu sein.

gez. von Gynz Rakowski, Leutnant und Führer des Hilfskreuzers „Muansa“.

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